Steuer – lieb oder teuer?

Foto_SteuerseminarVom 17. bis zum 19. Oktober 2014 lud der AK WiSo zur Auseinandersetzung mit dem Thema „Steuer – lieb oder teuer“ in die Theodor-Heuss-Akademie ein. Das Seminar war ausgebucht und trotz Bahnstreik hatten sich alle 20 Teilnehmer in Gummersbach eingefunden, sodass der Raum „Hayek“ an seine Kapazitätsgrenze gebracht wurde. Das große Interesse an diesem Seminar zeigt, dass Steuern nach wie vor ein hochbrisantes Thema sind – auch wenn sie in letzter Zeit in der Öffentlichkeit kaum thematisiert wurden.

Der Freitagabend begann mit einem Überblick über die philosophischen und historischen Hintergründe der Steuer. Dr. Gérard Bökenkamp vom Liberalen Institut stellte in seinem Vortrag dar, auf welchen Grundlagen verschiedene steuerpolitische Konzepte, wie Fiskalkonservatismus, symmetrische Fiskalpolitik oder „Reagonomics“, aufbauen.

Am Samstagmorgen gab Prof. Jan Voßwinkel von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) einen Einblick in die wirtschaftswissenschaftliche Betrachtung von Steuerzweck und Steuerwirkung in der Sozialen Marktwirtschaft. Dabei zeigte er auf, welche Kosten und Nutzen mit verschiedenen Formen der Besteuerung verbunden sind und zu welchen Zwecken Steuern erhoben werden. Auch wenn Besteuerung zur Bereitstellung öffentlicher Güter aus theoretischer Sicht durchaus sinnvoll sein kann, wurde deutlich, dass politökonomische Fehlanreize in der Realität häufig zu einer Abweichung von der idealen Besteuerung führen.

Im Anschluss legte Damian Fichte vom Deutschen Steuerzahlerinstitut, dem Forschungsinstitut des Bundes der Steuerzahler, dar, wie komplex das Steuerrecht in Deutschland derzeit ist. Angesichts der Vielzahl verschiedener Steuer- und Abgabearten in Deutschland wird deutlich, warum Reformentwürfe zur Steuervereinfachung  heute mehr das Betätigungsfeld von Juristen als von Ökonomen sind. Zudem erklärte Herr Fichte, warum nur eine schrittweise Reform einzelner Steuern in Deutschland mehrheitsfähig und damit politisch durchsetzbar ist.

Nach dem Mittagessen nahm Frank Schäffler, Gründer von Prometheus – Das Freiheitsinstitut, eine kritische Betrachtung des liberalen Bürgergeldes vor. Auch wenn die Hauptanliegen des Bürgergeldes, nämlich Vereinfachung und Bürokratieabbau, sinnvoll sind, ist die mit dem Begriff des „Grundrechts auf Geld vom Staat“ verbundene Anspruchshaltung problematisch. Wichtig bei der Ausgestaltung des Bürgergelds ist daher, dass Arbeitsanreize aufrechterhalten werden.

Anschließend hielt Dr. Alexander Fink von der Universität Leipzig und dem Institute for Research in Economic and Fiscal Issues via Skype zugeschaltet einen Vortrag über internationalen Steuerwettbewerb. Er nannte eine Vielzahl guter Argumente für den Steuerwettbewerb zwischen Staaten und erklärte, warum das von Gegnern dieses Konzepts häufig vorgebrachte Problem eines „race to the bottom“ eine irrationale und empirisch nicht beobachtbare Angst ist. Erstaunlich war auch die Feststellung, dass gerade ärmere Länder und strukturell schwächere Regionen von zunehmendem Steuerwettbewerb profitieren würden.

Zum Ausklang des Seminartages fand in angenehmer Atmosphäre am Kamin eine Diskussionsrunde zum Thema „Föderaler Steuerwettbewerb durch Steuerautonomie für die Länder“ statt.  Den nötigen Input dafür lieferte ein aktueller Zeitungsartikel über einen entsprechenden Vorstoß von Finanzminister Wolfgang Schäuble, welcher zu Beginn kurz wiedergegeben wurde.

Am Sonntagmorgen referierte Julian Arndts über das Reformmodell „Flat Tax“. Dabei konnte er die Seminarteilnehmer davon überzeugen, dass eine Flat Tax als eine Art „Mittelweg“ zwischen einem progressiven und einem degressiven Steuersystem weniger ein radikaler Vorschlag als ein Kompromiss zwischen den zwei Extremen ist. Zudem wurde deutlich, dass man mit den Argumenten „Gerechtigkeit“ und „Effizienz“ alle drei Verläufe eines Steuersystems theoretisch rechtfertigen kann.

Steuern sind nach wie vor ein wichtiges Thema, über das es sich lohnt nachzudenken. Die interessanten Vorträge der Referenten und die lebhaften Diskussionen zeigten zudem, dass die Auseinandersetzung mit Steuern – entgegen des weit verbreiteten Vorurteils – keinesfalls langweilig sein muss. Gerade Liberale sollten die großen Mängel des aktuellen Steuersystems erkennen und Vorschläge zur Steuerreform wieder stärker in die öffentliche Debatte einbringen.

Und noch etwas dürften alle Teilnehmer nach dem Seminarwochenende gelernt haben: Selbst wenn die Lokführer versuchen, das Land durch einen Streik stillstehen zu lassen, gibt es immer eine Möglichkeit nach Hause zu kommen…

Text & Bild: Matthias Göhner