Wohlfahrtsstaat statt Nächstenliebe?
Vom 10. bis 12. Juli setzte sich der AK WiSo in der Theodor-Heuss-Akademie unter dem Seminartitel „Die Geister die ich rief – Wohlfahrtsstaat statt Nächstenliebe?“ kritisch mit dem Wohlfahrtsstaat auseinander.
Den Auftakt machte am Freitagabend Dr. Gérard Bökenkamp vom Berliner Think-Tank Open Europe. In seinem Vortrag ging er insbesondere darauf ein, inwiefern sich der Wohlfahrtsstaat seit Bismarck als Instrument parteipolitischer Verspechen etabliert habe. Am Samstagvormittag nahm sich Clemens Schneider von Prometheus – das Freiheitsinstitut dann unter der Überschrift „Von der Keule zur Brust“ die historische Entwicklung des Wohlfahrtsstaats vor. Besonderer Schwerpunkt lag dabei auf der Entwicklung von einer solidarischen Armenfürsorge zu einer staatlich organisierten Wohlfahrt, die vor allem die Hauptwählergruppen umgarne. Die entsprechenden Daten hierfür lieferte danach Dr. Jochen Pimpertz vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, der in seinem Beitrag zusätzlich auf die gegenwärtigen Probleme eines umfassenden Wohlfahrtsstaates aufmerksam machte. Durch demographische Veränderungen seien entsprechende Anpassungen schlichtweg notwendig. Herr Pimpertz konnte überdies mit dem verbreiteten Mythos einer geringen Sozialleistungsquote in den USA im Vergleich zu denjenigen in Skandinavien aufräumen.
Am Samstagnachmittag gab Prof. Roland Vaubel von der Universität Mannheim dann eine theoretische Einführung in die politische Ökonomie des Sozialstaates. Danach hatten wir das große Vergnügen, Sam Bowman vom Adam Smith Institute in London als Gast bei uns zu haben: Er verteidigte den Sozialstaat in seiner ursprünglichen Variante als Garant für die Armenfürsorge. Am Abend kam in einem Videovortrag Christian Hoffmann vom Liberalen Institut Schweiz zu Wort, der seine Position verteidigte, der Sozialstaat sei in seiner jetzigen Verfassung gescheitert. Eine These mit der wir uns in der anschließenden Diskussion unter der Leitung von Clemens Schneider lebhaft auseinandersetzten. Seinen Abschluss fand das Seminar am Sonntag mit einem Vortrag von Prof. Jan Schnellenbach von der Technischen Universität Cottbus zum Thema „Zum Sozialstaat 2.0 durch Nudging“. Dabei standen verhaltensökonomische Maßnahmen („Nudging“ oder „weicher/liberaler Paternalismus“), die durch den Sozialstaat ihre besondere Rechtfertigung finden im Mittelpunkt: Ein staatliches Eingreifen in die Entscheidungsfreiheit eines jeden Bürgers ist schließlich leichter zu verteidigen, wenn die Kosten für eine „falsche“ Entscheidung die Gesellschaft zu tragen hat. In der anschließenden Diskussion ließen wir unter dem Seminartitel „Wohlfahrtsstaat statt Nächstenliebe“ die Seminarinhalte noch einmal Revue passieren.
Wir danken den Koordinatoren des AK WiSo und der THA für die großartige Unterstützung bei der Organisation, und den Teilnehmern, Referenten und THA-Mitarbeitern für ein erkenntnisreiches Seminar!
Seminarleitung: Christian Huß und Mareike König
Text: Christian Huß
Fotos: Fabian Kurz