Wirtschaftssanktionen und ihre Folgen

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Vom 4. bis 6. Dezember diskutierte der AK WiSo in der Theodor-Heuss-Akademie unter dem Seminartitel „Politische Instrumentalisierung der Wirtschaft? – Wirtschaftssanktionen und ihre Folgen“ über das Für und Wider von Wirtschaftssanktionen mit besonderem Schwerpunkt auf dem Russland-Ukraine Konflikt.

Das Seminar begann am Freitagabend mit einer allgemeinen Einführung und einem historischen Rückblick auf die Nutzung von Wirtschaftssanktionen. Die FNF-Stipendiaten Floriana Kuci und Conrad Zuber führten die Zuhörer von den Peloponnesischen Kriege über die Kontinentalsperre Napoleons und der Ruhrgebietsbesetzung im ersten Weltkrieg zu der aktuellen Debatte über die Sanktionsaufhebungen gegen den Iran und der Sinnhaftigkeit ihres Einsatzes im Ukrainekonflikt.

Am Samstagvormittag war es dann an Norbert F. Tofall, Senior Research Analyst des Flossbach von Storch Research Instituts in Köln, die Diskussion am Beispiel der Ukrainekrise zu eröffnen. Unter einer wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten analysierte er den bisherigen Verlauf und den Erfolg der Sanktionen und kam zu dem Schluss, dass die momentane wirtschaftliche Krise Russlands nur bedingt auf die Sanktionen zurückzuführen sei, sondern vielmehr auf den Ölpreisverfall und die institutionellen Schwächen der russischen Wirtschaftsordnung. Er stellte eine militärische Abschreckung durch die NATO in den Vordergrund der Debatte, da die Intention der Sanktionen, die russische Führung zum Umdenken zu bewegen, fehlschlage und sie nur für die verhängenden Länder gegenüber der eigenen Bevölkerung Handlungsinitiative suggeriere.

bild1Am Samstagnachmittag berichtete Dr. Andrea Gebauer, Leiterin des Russland Kompetenzzentrums der IHK Düsseldorf, von den Erfahrungen der deutschen Wirtschaft im Umgang mit den Russlandsanktionen. Anhand von detaillierten Handelsdaten und den Berichten von betroffenen Teilnehmern, wurde den Anwesenden ein ausführliches Bild der Sanktionsauswirkungen in den verschiedenen wirtschaftlichen Teilbereichen gegeben.

Im Anschluss daran legte Prof. Dr. Karsten Nowrot LL.M. von der Universität Hamburg die völkerrechtlichen Rahmenbedingungen für die Verhängung von Sanktionen dar. An den Bestimmungen von UN und WTO wurden den Teilnehmen die breiten Auslegungsmöglichkeiten für die Anwendung von Wirtschaftssanktionen bewusst gemacht. Insbesondere aber auch die Tatsache, dass es in einer globalisierten Welt von einer gewissen Notwendigkeit ist, die Sanktionen mit breiter Mehrheit umzusetzen, damit sie überhaupt zu Effekten führen können.

Der Sonntag begann mit der Frage, ob Sanktionen ein Hauptmerkmal Wirtschaftskriege der Zukunft seien. Sascha Tamm aus dem Fachbereich Internationales der FNF ließ die Teilnehmer hierbei an seinen Erlebnissen als Leiter des FNF Auslandsbüros in Moskau teilhaben und berichtete von den verhängten Sanktionen während des Georgienkrieges. In einer lebhaften Auseinandersetzung kam man gemeinsam zu dem Schluss, dass Wirtschaftssanktionen sicherlich Teil eines Krieges seien, aber nicht alleine für einen solchen ständen. Dieser ziehe auch immer eine bewaffnete Auseinandersetzung nach sich, die es als oberstes zu vermeiden gelte.

Diese Auffassung wurde von unserem letzten Seminargast, Gudrun Kopp, parlamentarische Staatssekretärin des Bundesministeriums für Entwicklungszusammenarbeit a.D., geteilt. Aus ihren weitreichenden politischen Erfahrungsschatz konnte sie zum Ende unseres Seminars die Auswirkungen von Sanktionen auf viele andere Konfliktfelder, beispielsweise auf dem afrikanischen Kontinent, lenken. Ihrer Auffassung nach, müsse das Für und Wider des Einsatzes von Wirtschaftssanktionen immer von einer Machbarkeitsanalyse abhängen. Die abschließende Frage sei immer: Was sind die möglichen anderen Handlungsalternativen?

Am Ende dieser Frage und der vielen geführten Diskussionen im AK WiSo ist dazu festzuhalten: Sanktionen führen nie zu absolutem Erfolg. Möglicherweise sind sie sogar eher kontraproduktiv und militärische Abschreckung eine sinnvollere Alternative. Dies ist jedoch eine sehr situative Abwägungsentscheidung, die immer wieder hinterfragt werden muss. Der Dialog zwischen den Konfliktparteien sollte immer im Vordergrund stehen.

Ein großer Dank gilt den Koordinatoren des AK WiSo und der THA bei der Unterstützung und Ausrichtung dieses Seminars. Ebenso den Teilnehmern, Referenten und THA-Mitarbeiten für die Ermöglichung vieler spannender und erkenntnisreicher Debatten.

Seminarleitung: Caspar Ziegler und Florian Hey
Text: Florian Hey
Fotos: Floriana Kuci